Die vergangenen Jahre haben viele Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen gestellt. In zahlreichen Branchen kam es pandemiebedingt zu signifikanten Ausfällen, sowohl bei der Nachfrage als auch in der Lieferkette. Folglich waren nicht alle Unternehmen in der Lage, einem geordneten Geschäftsbetrieb nachzugehen und sämtliche offenen Forderungen zu bedienen. Immer häufiger stellt sich nun das Problem, dass den Gläubigern auf der anderen Seite eine Verjährung ihrer Forderungen droht.

Wir erklären Ihnen in diesem Artikel alles zu den aktuellen Verjährungsfristen für Forderungen. Angefangen beim Berechnen bis hin zur Möglichkeit der Verlängerung – damit Ihnen auch wirklich keine offene Forderung verloren geht.

 

Wann verjähren Forderungen?

Viele Unternehmen stellen sich in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit die Frage: Wann verjähren Rechnungen bzw. Forderungen eigentlich? Die Antwort darauf findet sich im Gesetzestext und die Frist beläuft sich gemäß BGB § 195 in der Regel auf drei Jahre. Dabei handelt es sich also um die Verjährungsfrist für vertragliche und gesetzliche Ansprüche, sofern keine Sonderumstände auftreten. 

Sie gilt sowohl für Verträge mit Privatpersonen als auch Unternehmen – nach Ablauf dieser Frist lassen sich die Ansprüche des Gläubigers nicht mehr gerichtlich durchsetzen. Doch es gibt auch gewisse Sonderregelungen bzw. Verjährungsfristen, die von den regelmäßigen drei Jahren abweichen können und den gesetzlichen Anspruch ausweiten. Bezieht sich der Anspruch beispielsweise auf Mängel am Bauwerk, dann tritt eine Verjährung erst nach fünf Jahren ein.

Eine weitere Ausnahme gibt es für Herausgabeansprüche aus sogenannten dinglichen Rechten. Dazu gehören in der Regel das Eigentums- und Pfandrecht sowie Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen und Urkunden – die Verjährungsfrist wird dann sogar auf 30 Jahre erhöht. Im Zweifelsfall muss man sich also vorab informieren, ob es Sonderregelungen gibt.

 

So berechnen Sie die dreijährige Verjährungsfrist

In den meisten Fällen ist jedoch mit einer Verjährung von Forderungen nach drei Jahren zu rechnen. Das scheint auf den ersten Blick denkbar einfach zu sein, es gibt jedoch bei der Berechnung ein paar Regeln zu beachten. Diese sind wie folgt:

  • Die Frist beginnt immer zum Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, bzw. die Leistung erbracht wurde. Das Datum des Rechnungseingangs beim Schuldner ist nicht relevant.

  • Es muss gewährleistet sein, dass der Schuldner von der offenen Forderung wusste oder von ihr hätte wissen sollen (siehe BGB § 199 Abs. 1). Wer eine Leistung in Anspruch nimmt, weiß das im Normalfall auch.

Das bedeutet, die Verjährung von offenen Forderungen beginnt immer zum Ende eines Kalenderjahres und tritt drei Jahre später auch immer zum Ende eines Kalenderjahres ein. Hat ein Unternehmen beispielsweise im März und im Oktober 2020 zwei Leistungen erbracht, dann verjähren beide Forderungen daraus zum 31. Dezember 2023 nach drei vollen Jahren (2021, 2022, 2023).

 

Wie kann man die Verjährungsfrist verlängern?

Es gibt aber bestimmte Umstände, die die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren verlängern können. Mit solchen Maßnahmen kann ein Unternehmen die Verjährung von Schulden vor Ablauf der Frist verhindern bzw. aufschieben. Womöglich lassen sich die Ansprüche dann zu einem späteren Zeitpunkt geltend machen.

  • Teilraten vereinbaren: Sollte der Schuldner in der Lage sein, zumindest eine kleine Teilzahlung zu leisten. Dann ist das eine denkbar einfache Option, die Verjährungsfrist wieder neu beginnen zu lassen. Die Zahlung setzt die Frist nämlich zurück – die Verjährung beginnt dann zum Ende des Kalenderjahres und beträgt wieder drei volle Jahre.

  • Geführte Verhandlungen: Kann das Unternehmen nachweisen, dass es sich in aktiven Verhandlungen mit dem Schuldner befindet, dann schiebt das ebenfalls die Verjährungsfristen von offenen Forderungen auf. Der Gläubiger sollte sich in diesem Fall eine schriftliche Erklärung des Schuldners geben lassen. Damit gibt es im Zweifelsfall absolute Klarheit bei der Beweislast.

  • Gerichtliches Mahnverfahren: Ein laufendes gerichtliches Mahnverfahren ist ein schneller Weg, um bei offenen Forderungen die Verjährung zu verhindern. Mittlerweile lässt sich dieses einfach und günstig online einleiten – daraus kann auch später eine titulierte Forderung mit einer Verjährungsfrist von 30 Jahren entstehen. Ein Mahnbescheid des Unternehmens schiebt die Frist hingegen nicht auf!

  • Klage einreichen: Eine weitere Option ist das Einreichen einer Klage. Sobald diese beim Gericht eintrifft, stoppt das erst einmal die Verjährung von Forderungen und Schulden. Das erfordert jedoch den Einsatz eines Rechtsanwalts und ist in der Regel teurer und aufwendiger als der zuvor genannte gerichtliche Mahnbescheid.

Die besten Tricks gegen die Verjährung von Forderungen

Keine Sorge, es gibt einige Tricks gegen die Verjährung von Forderungen

 

5 Tipps aus der Praxis

Wenn ein Unternehmen sich jedoch bereits mit Verjährungsfristen für Forderungen beschäftigen muss, dann ist in der Regel schon der schlimmste Fall eingetreten. Es gibt aber einige praktische Tipps, die Sie beachten können, um gar nicht erst in diese unangenehme Lage zu geraten.

  • Rechnungsstellung: Obwohl bei Verjährungen der Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgeblich ist und nicht die Rechnungsstellung oder der Rechnungseingang, kann eine zügige Rechnungsstellung vorab für Klarheit sorgen. Beachten Sie auch eine sinnvolle Zahlungsfrist auf der Rechnung.

  • Frühzeitig mahnen: Sie ändern mit eigenen Mahnbescheiden zwar nichts an den Verjährungsfristen, doch Sie erkennen dadurch womöglich frühzeitig eine zweifelhafte Forderung. Im Anschluss haben Sie dann ausreichend Zeit, mit weiteren Maßnahmen zu reagieren, ehe die Frist abläuft.

  • Teilraten vereinbaren: Eine Teilzahlung durch den Schuldner setzt die Verjährung von Rechnung und Schulden zurück. Besprechen Sie mit Ihrem Kunden oder Geschäftspartner, ob diese Option infrage kommt. Das kann für beide Seiten eine der attraktivsten Alternativen zu gerichtlichen Verfahren sein.

  • Forderungen abtreten: Es besteht auch die Möglichkeit, die Forderung an ein spezialisiertes Inkassounternehmen abzutreten. Achten Sie darauf, das vor Ablauf der Verjährungsfrist zu erledigen, damit der Inkasso-Spezialist ausreichend Zeit hat, seine eigenen Maßnahmen einzuleiten.

  • Professionelles Forderungsmanagement: Dank aussagekräftigem Credit Scoring können Sie die Kreditwürdigkeit von Kunden vorab richtig bewerten und Forderungsausfälle effizient minimieren. Setzen Sie dabei auf moderne Systeme wie die AR-Automation-Software von Bilendo.


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Management Summary

  • Die Verjährung von offenen Forderungen kann Ihr Unternehmen vor riesige Herausforderungen stellen, insbesondere nach mehreren Jahren einer unsicheren Wirtschaftslage.

  • Eine Forderung bzw. der Anspruch verjährt in der Regel nach drei Jahren. Sie beginnt zum Ende des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist und läuft nach drei vollen Jahren zum Ende eines Kalenderjahres ab.

  • Es gibt einige Optionen, um die Verjährung von Forderungen und Schulden aufzuschieben. Dazu gehören eine Teilzahlung durch den Schuldner, aktive Verhandlungen oder ein laufendes gerichtliches Mahnverfahren.

  • Mit den richtigen Tipps aus der Praxis können Sie sowohl Forderungsausfällen frühzeitig begegnen als auch Verjährungsfristen verhindern.

  • Moderne AR-Automation-Software hilft Ihnen dabei, Risiken richtig zu bewerten und Mahnungen automatisch zu verschicken. Damit schaffen Sie beste Voraussetzungen, damit es erst gar nicht zur Verjährung kommt.